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Unentspannte Lockerungsübungen

Eine Zeit der heftigen Diskurse beschert uns das das global agierende Virus. In Brasilien bestreitet die Führung immer noch dessen Existenz und will die „Zählerei“ beenden. Naturgemäß sind nicht alle Brasilianer damit einverstanden. In den USA wird unablässig und hunderttausendfach am und mit dem Covid-19 gestorben, aber das regt offenbar nur die betroffenen Angehörigen. Die Trump-Administration dagegen forciert aus wirtschaftlichen Gründen das Lockern. In Südeuropa wartet man sehnsüchtig auf Touristen, auch hier haben sich die Lockerlassenden gegenüber den Zögernden durchgesetzt. In unseren Kirchen finden Gottesdienste mit und ohne mundgeschützte und nasenbedeckte Gläubige  statt. Ein Blick in die kirchlichen Nachrichten gibt Auskunft über die Pflichten und Nichtpflichten in Sachen Verhüllung und Abstand. Die Kinder sollen alle in die Kitas zurück, weil dort – sagen die einen – kaum Ansteckungsgefahren bestehen. Das gehe nicht, sagen andere, weil es an Erzieherinnen fehle, über ein Fünftel bleibe als risikobehaftet zu Hause. Warum eigentlich, wo doch mutmaßlich kaum Gefahr besteht? In den Schulen werden merkwürdige Stundenpläne umgesetzt. Ohne Warn-App (Paul hat heute mal wieder Unterricht, Lisa ist in Homeschooling, Jens hat sich nur an ungeraden Tagen in der Schule einzufinden) ist das kaum zu schaffen. Dabei gehen die Meinungen der Fachleute über die Folgen der Vollbeschulung auseinander. Forcieren wir mit der Rückkehr der Kinder und Jugendlichen die „zweite Welle“ oder werden wir weiter auf den ersten Hotspot in einer Kita oder einem Schulgebäude warten? Über nichts kann man so gut diskutieren als über das, was man nicht weiß. Wird der Herbst uns die „neue Normalität“ bescheren oder gar die alte oder evtl. die Rückkehr des Virus in neuer Form? Denn auch das hören wir immer wieder: Viren verändern sich laufend, mutieren, werden noch gefährlicher – oder vielleicht auch harmloser. Wie gut, dass wir nichts Genaues wissen.

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Verhinderter Schulbesuch

Die Kinder sollen wieder zu Schulkindern werden. Wenigstens für zwei Wochen, ehe die sechseinhalb Wochen dauernden Sommerferien sie wieder der häuslichen Quarantäne unterwerfen. Das gehe nicht, liest man in der regionalen Zeitung. Dazu fehlten sowohl die Lehrkräfte als auch der Platz. Warum es an Räumen fehlen soll, wenn nur die Hälfte der Kinder kommen darf, erschließt sich nicht so recht. Die Abstandsregeln sind bei (höchstens) 15 Personen eigentlich gut einzuhalten. Dass man notfalls auch „schichten“ könnte, müsste inzwischen allen klar sein. Zwischen acht und 18.00 Uhr lässt sich viel Unterricht unterbringen. Aber der Platz sei nicht das Hauptproblem, es seien die Lehrerinnen und Lehrer, die fehlten. Warum das? Wo sind die hingekommen. Ach so, sie müssen zu Hause auf ihre Kinder aufpassen. Aber da beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn die Kinder in der Schule wären, müssten Eltern nicht zu Hause bleiben und auf sie aufpassen. Nun gebe es allerdings auch ältere Lehrkräfte, die zu den Risikogruppen gehörten. Die sind „freigestellt“. Offenbar traut man den älteren Menschen nicht zu, dass sie sich durch Abstand und MNS selber schützen. Testen könnte man sie ja auch. Was bei Fußballspielern möglich ist, müsste auch bei Pädagogen leistbar sein. Aber dann steht in der Verlautbarung noch etwas, was Häckerling irritiert. Ein Fünftel der Lehrenden habe sich selbst vom Dienst suspendiert. Wie geht das? Sie fehlen einfach und müssen nicht einmal nachweisen, warum sie nicht arbeiten wollen. Da ist was in der Ausbildung schiefgegangen. Lehrer in BW sind Beamte. Und die haben gefälligst die Pflicht, „mit vollem Einsatz“ ihrem „Dienst“ nachzukommen. Das ergibt sich aus dem privilegierten Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Staat (dem „Dienstherrn“) und seinen beamteten „Bediensteten“. Sollten sich unter den 20 % der Selbstbefreiten, die ihre monatlichen Bezüge dennoch gerne einstreichen, Drückeberger befinden, wäre das ein treffliches Argument gegen das „Beamtenverhältnis“.

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Allfällige Lockerungen

Der Rückweg zum Alltag nach der Krise ist mit Ungerechtigkeiten gepflastert. Dass die Wirtschaft mit den Füßen scharrt, versteht man. Immerhin geht es um viel Geld. Manche kritisieren die wirtschaftlichen Lockerungen als Kniefall vor dem Kapitalismus, aber die haben wohl noch nie erlebt, was es bedeutet, zahlungsunfähig zu sein. Ob Einmannbetrieb oder Konzern, alle leben davon, Geld zu verdienen. Nebenbei: Die Firmen zahlen übrigens auch Steuern. Und wenn man ihnen und den Besserverdienenden, diese Schlimmen gibt es ja auch noch, nach Corona Rechnungen schreiben will, um die Staatsschulden abzubauen, muss man sie auch in den Stand setzen, selbige bezahlen zu können. Ob jeder in der SPD das weiß? Aber bei allem Verständnis für das Wirtschaftssystem – es gibt auch noch anderes. Zum Beispiel die Schulen, deren Rückkehr in die Normalität von Fragezeichen umhüllt ist. Alle Kinder und Jugendlichen sollen vor den Sommerferien wieder in die Schule, wird gesagt. Aber wie? Mit Abstand zwischen den Stühlen und Gesichtsschutz? Bei halbierten Klassen? Wie soll das gehen? Das würde doppelt so viel Raum benötigen und die doppelte Zahl an Lehrerstunden. Aber beides gibt es nicht. Zumal die Lehrkräfte, die zur Risikogruppe gezählt werden, zu Hause bleiben dürfen. Ergo wird es keine Rückkehr zur Normalität geben, sondern eine kreative Mischung aus Präsenz und Homeschooling. Oder man macht es wie in Italien und beginnt erst wieder im September. Unschöne Aussichten. Erfreulicherweise werden den kleinen Kindern die Spielplätze bald wieder offen stehen. Und uns anderen die Kinos und Theater? Wann geht es in der Kultur wieder ins Lockere? Im Fußball zeichnen sich Geisterspiele ab. Wann dürfen wir uns wieder an Filmen und Theateraufführungen, an Lesungen und Konzerten, an Vorträgen und Schulfesten begeistern? Man will die Fesseln allmählich lockern, aber wann werden sie in den Sondermüll geworfen?