Da hatten sich die Ingenieure des Volksautokonzerns so etwas Tolles ausgedacht: ein umweltfreundliches Auto, das sogar vom TÜV als solches erkannt wird. Allerdings waren die guten Emissionswerte nur bei der Überprüfung in der Werkstatt nachweisbar. Eine nette Geste gegenüber den Überwachenden; sie hatten gesunde Luft in ihrem engen Kabuff trotz laufender Motoren. Auf der Straße war es dann allerdings anders. Da schaltete sich die Abgasreinigung klugerweise aus. Denn im Freien macht ein bisschen Schadstoff ja nichts aus. Die Luft verweht ihn. Irgendwann fand das eine amerikanische Behörde nicht in Ordnung. Ausgerechnet die Amerikaner, die das Pariser Klimaabkommen gekündigt haben! Aber unser Volkskonzern konnte die Sache mit ein paar Milliarden Dollar bereinigen. Zum Glück sind die Amis mit Geld zufrieden. Aber nun hatte ein deutscher Autofahrer die Unverfrorenheit, gegen den Volkskonzern zu klagen, wegen Betrugs oder so ähnlich. Und was geschieht? Er bekommt vom höchsten Gericht Recht. Der Volkskonzern habe arglistig getäuscht („getrickst“). Dabei hatte er nie behauptet, dass seine Autos auf der Straße umweltfreundlich seien, sondern nur bei der Überprüfung durch den Überwachungsverein. Jetzt soll der Kläger auch noch Geld für seinen Trick-Diesel bekommen. Und andere Trittbrettfahrer auch noch. Das wird den Volkskonzern ein paar weitere Millionen kosten. Wer bezahlt das? Nun, zunächst der Kunde, der die überteuerten Autos kauft. Und die Aktionäre? Denen kann man nicht zumuten, wegen solch einer Lappalie etwas von ihrer Dividende abzugeben. Und den Vorständen die Bonuszahlungen zu kürzen, das geht erst recht nicht; die verzichten schon eh auf viel Geld, die Armen. Vielleicht geht auch noch ein staatliches Türchen auf. Der Finanzminister könnte doch jedem, der ein Auto kauft, drei Tausender schenken. Dann könnten die Autos weiter so teuer verkauft werden und trotzdem stiege der Umsatz – auch die Boni der Mitarbeiter wären dann gesichert.
Monat: Mai 2020
Verhinderter Schulbesuch
Die Kinder sollen wieder zu Schulkindern werden. Wenigstens für zwei Wochen, ehe die sechseinhalb Wochen dauernden Sommerferien sie wieder der häuslichen Quarantäne unterwerfen. Das gehe nicht, liest man in der regionalen Zeitung. Dazu fehlten sowohl die Lehrkräfte als auch der Platz. Warum es an Räumen fehlen soll, wenn nur die Hälfte der Kinder kommen darf, erschließt sich nicht so recht. Die Abstandsregeln sind bei (höchstens) 15 Personen eigentlich gut einzuhalten. Dass man notfalls auch „schichten“ könnte, müsste inzwischen allen klar sein. Zwischen acht und 18.00 Uhr lässt sich viel Unterricht unterbringen. Aber der Platz sei nicht das Hauptproblem, es seien die Lehrerinnen und Lehrer, die fehlten. Warum das? Wo sind die hingekommen. Ach so, sie müssen zu Hause auf ihre Kinder aufpassen. Aber da beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn die Kinder in der Schule wären, müssten Eltern nicht zu Hause bleiben und auf sie aufpassen. Nun gebe es allerdings auch ältere Lehrkräfte, die zu den Risikogruppen gehörten. Die sind „freigestellt“. Offenbar traut man den älteren Menschen nicht zu, dass sie sich durch Abstand und MNS selber schützen. Testen könnte man sie ja auch. Was bei Fußballspielern möglich ist, müsste auch bei Pädagogen leistbar sein. Aber dann steht in der Verlautbarung noch etwas, was Häckerling irritiert. Ein Fünftel der Lehrenden habe sich selbst vom Dienst suspendiert. Wie geht das? Sie fehlen einfach und müssen nicht einmal nachweisen, warum sie nicht arbeiten wollen. Da ist was in der Ausbildung schiefgegangen. Lehrer in BW sind Beamte. Und die haben gefälligst die Pflicht, „mit vollem Einsatz“ ihrem „Dienst“ nachzukommen. Das ergibt sich aus dem privilegierten Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Staat (dem „Dienstherrn“) und seinen beamteten „Bediensteten“. Sollten sich unter den 20 % der Selbstbefreiten, die ihre monatlichen Bezüge dennoch gerne einstreichen, Drückeberger befinden, wäre das ein treffliches Argument gegen das „Beamtenverhältnis“.
Gebremste Religion
Es gibt nur wenige Ereignisse, bei denen christlich geprägte Menschen etwas von ihrer Kirche erwarten: Geburt, Hochzeit, Krankheit und Tod. Wenn ein Kind ins Leben tritt, kann den Angehörigen durch dessen Taufe vermittelt werden, dass dieses Wesen nicht ihr Eigentum ist. Eine kirchliche Trauung sagt dem Paar, dass es nicht einfach so zusammenlebt, sondern in einem Sinnzusammenhang steht. Bei einer ernsthaften Erkrankung kann die Erkenntnis helfen, dass man nicht nur dem medizinischen Apparat ausgeliefert ist, sondern sich in einem Größeren geborgen wissen darf. Führt die Krankheit mit einiger Wahrscheinlichkeit zum Tode, ist es gut, wenn Worte des Trostes und der Zuversicht dem Sterbenden das Gefühl vermitteln, dass sein Leben und damit auch sein Tod einen Sinn haben, der nicht mit seiner Lebensleistung identisch ist. In den letzten Wochen sind Menschen an einem Virus erkrankt, das mit dem Attribut „neuartig“ versehen ist. Neu ist offenbar, dass sich alle vor ihm schützen wollen, auch die Pfarrer und Priester. Das ist einerseits zu verstehen. Wer steckt sich schon gerne an? Aber die Folge war, so ist zu hören, dass die Geistlichen Kranke und Sterbende gemieden haben und einige ohne den Trost der Religion gestorben sind. Das ist traurig. Man fragt sich, ob es nicht zum Beruf des Krankenhausseelsorgers gehört, mit den Risiken einer Ansteckung zu leben. Sollte es tatsächlich keine Möglichkeit gegeben haben, die Ausübung des Berufs (oder der Berufung) möglich zu machen? Auch die Pflegenden in den Kliniken und Heimen sind gefährdet, aber sie arbeiten trotzdem. Zu den Zahlen, die nach der Seuche zu erheben sein werden, wird auch jene gehören, wie viele Menschen ohne geistliche Begleitung geblieben sind, obwohl sie eine wollten.