Man spürte dem MP mit dem Namen K gestern an, dass er erregt war. Immer wieder appellierte er an uns Bürgerinnen und Bürger, wir sollten sofort damit beginnen, Energie, vor allem Gas einzusparen. Gleichzeitig verwahrte er sich gegen den Erlass von Vorschriften zum Energiesparen. Nun darf sich jeder ausdenken, wie er seinen Sparbeitrag leistet. Dabei gäbe es zwischen Vorschriften und allgemeinen Appellen auch noch die Liste mit Vorschlägen, ein Angebot von Möglichkeiten. Der berühmte Duschkopf ist ein Beispiel. Wenn man einen erwerben will, muss man erkennen, dass er etwa das Dreifache eines Standardduschkopfs kostet. Wir lernen daraus: Wer sparen will, muss mehr Geld ausgeben. In den Baumärkten werden Heizgeräte gekauft. Mit denen kann man, wenn das Gas fehlt mit Strom Wärme erzeugen. Der Energieverbrauch wäre dadurch höher. Sparen sieht anders aus. Die öffentliche Verwaltung im Lande Württemberg wird es im Winter 2 Grad weniger warm in ihren Büroräumen haben. Wohlweislich wird verschwiegen, von welcher Ausgangswärme die zwei Grad abgezogen werden – von 23 oder von 21 Grad? Ungelöst ist das Heizproblem in den Schulen. Dort soll man wegen Corona regelmäßig lüften, das heißt die Wärme ins Freie lassen. Vielleicht hilft die Überlegung weiter, dass man feste Belüftungszeiten einführt und in diesen Minuten die Heizung zentral abschaltet. Das ginge zu Lasten der Hausmeister, denn digital schaffen wir das nicht. Auch würde es die pädagogische Freiheit reglementieren, weil in jedem Raum zur gleichen Zeit gelüftet würde und die Lehrkraft fremdbestimmt wäre. Ich schlage vor, dass wir auf einen warmen Winter hoffen. Dann würden wir mit wenig Heizen auskommen.
Monat: Juli 2022
Digitale Wunschreligion
Der Plan in Tahmima Anams Roman „Unser Plan für die Welt“ (erschienen 2022 bei Hoffmann und Campe) besteht darin, die religiösen Bedürfnisse der Menschen zu stillen. Die App wendet sich nicht an jene, die fest in einer Religion verankert sind, sondern an die Suchenden, die Unentschlossenen. Manchen gefällt ein Brauch im Christentum und zugleich ein buddhistischer Kult. Sie finden im Islam Riten, die ihnen etwas bedeuten, und Gedanken und Bilder in der Kultur, die sie bewegen. Religion, Musik, Bildende Kunst oder Literatur, Philosophie oder Ethnologie liefern die Bausteine, die den Nutzern je nach Interesse digital „angeboten“ werden. Programmiert wurde das Ganze von Asha, die mit der Autorin ihre Herkunft aus Bengalen gemeinsam hat. Das „Material“ für den Algorithmus liefert Cyrus, ein belesener Charismatiker. Die beiden heiraten. Ihr Konzept hat großen Erfolg, ihre Ehe nicht. Offenbar treffen sie den Nerv jener Menschen, die sich nicht mehr mit dem Oberflächlichen der sozialen Medien zufrieden geben wollen. Aber als sie in ihr Projekt auch noch ein Programm aufnehmen, das eine Art „Kommunikation“ zwischen Lebenden und Toten ermöglicht, kommt es zu einer Katastrophe, die Ashas und Cyrus‘ Werk zu zerstören droht. Tahmima Anam hat in den USA studiert und lebt in Großbritannien. Sie erzählt flott und mit viel Humor. Zugleich stellt ihre Geschichte grundsätzliche Fragen zum Umgang mit der Religion und dem Tod in einer Zeit zunehmender Bedrohung. Die Erzählung endet 2020 mit dem Beginn der Pandemie, deren Auswirkungen die Autorin mit großer Skepsis entgegensieht. Anams literarische Stimme verdient Gehör.
Identische Zeitungen
Den Zeitungen geht es nicht gut. Sie sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Zahl der Abonnenten nimmt ab, die Werbeeinnahmen sinken. Das Internet mit seinen Nachrichtenkanälen ist eine übermächtige Konkurrenz. Also muss man in den Verlagen sparen. Das geschieht durch den Abbau von Personal und die Zusammenlegung der Redaktionen. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (die eine heißt „Zeitung“, die andere „Nachrichten“) haben ihre Redaktionen vereinigt. Sie bringen die gleichen Artikel, etwas kaschiert durch verschiedene Fotos oder unterschiedliches Layout. Manchmal kommen die gleichen Texte ein paar Tage zeitversetzt. Man soll es nicht merken, aber es lässt sich nicht verbergen. Noch trüber sieht es bei den Lokalzeitungen aus. Die Sindelfinger Zeitung ist weitgehend mit den Stuttgarter Nachrichten identisch, weil sie deren Mantel übernimmt, die Kreiszeitung bringt im übergeordneten Teil die Meldungen der Stuttgarter Zeitung, Der Lokalteil, bisher noch auf den Landkreis Böblingen zugeschnitten, ist seit Kurzem identisch mit der Stuttgarter Zeitung. Wer bisher beide Zeitungen bezogen hat, kann sich eine sparen. Es ist schade ums Papier, das eh so knapp ist. Also haben wir die Kreiszeitung abbestellt. Ob das der Sinn dieser Einsparungsmaßnahme war? Mit dieser Veränderung einher ging die Auflösung der Kulturseite. Sie ist im übrigen Lokalen „untergegangen“. Nur mehr die überregionale Kultur hat ihre zwei Seiten am Tag. Sie ziert das Ende des Blattes, „hinter dem Sport“. Ein weiterer Nebeneffekt der „Reform“. Die Buchtipps von Häcker(ling) – drei davon liegen noch auf Vorrat bei der Kreiszeitung – erscheinen nicht mehr. Was soll er damit nun tun? Vielleicht taucht ab und an einer in diesem Blog auf.